Was war los mit der Bauzinsen Entwicklung 2015? – „Eine Woche passierte bewegtes Nichts, danach kehrte wieder Ruhe ein.“ Mit diesem Satz von Eckard Henscheid und Robert Gernhard in ihrem Buch „Die Vollidioten“ lässt sich am Besten beschreiben, was bei den Bauzinsen im Jahr 2015 los war – bewegtes Nichts. In den ersten vier Monaten bei fünfjähriger Festschreibung fast schon statisch, zitterten sich die Bauzinsen durch den Rest des Jahres mit einem stabilen kaum wahrnehmbaren Abwärtstrend.
Die Differenz zwischen Höchst- und Tiefststand machte 0,42 Prozent aus, nicht wirklich viel. Vor dem Hintergrund, dass der Höchststand im Jahr 2015 jedoch bei 1,21 Prozent lag, wird deutlich, dass eine Finanzierung von unter einem Prozent p.a. möglich war – eigentlich unglaublich.
Quelle: aktuelle-bauzinsen.info
Etwas mehr Leben war bei den Zinsen für fünfzehnjährige Zinsbindungen zu verspüren. Die Grafik zeigt, dass im langfristigen Segment die Abweichungen deutlich größer, im Laufe des Jahres 2015 bei 0,78 Prozent lagen. Wer es im Jahr 2015 mit Beginn der Zinsfestschreibung schlecht traf, musste im Mittel 2,06 Prozent als höchstem Zins akzeptieren, wer den günstigsten Zeitpunkt erwischte, konnte sich über 1,28 Prozent Zinsen pro Jahr für immerhin 15 Jahre Zinsbindung freuen.
Quelle: aktuelle-bauzinsen.info
Die Zinsentwicklung nur an der Politik von Mario Draghi und seinen Kollegen aus dem Zentralbankrat der EZB festzumachen, wäre allerdings falsch. Natürlich wirken sich die zinspolitischen Entscheidungen auch auf die Bauzinsen aus.
Es gibt aber noch einen anderen Einflussfaktor, der Auswirkungen auf die Kosten des Baugeldes hat – PEX, der deutsche Pfandbriefindex. Dieser spiegelt die Renditen der Pfandbriefe wider, die von den Hypothekenbanken zur Refinanzierung ausgegeben, wiederum ein Spiegel der Bauzinsen sind.
Die Gründe für die fast statische Zinsentwicklung der Bauzinsen 2015
Die Wirtschafts- und auch die Geldpolitik werden in diesen Tagen nicht von dem freien Spiel der Märkte bestimmt, sondern von den Zentralbanken. Dies gilt für die EZB ebenso wie für die US-Notenbank FED. Die EZB muss eisern an den niedrigen Zinsen festhalten, wenn sie erreichen möchte, dass es früher oder später zu einem Umschwung in der Konjunktur gerade in Südeuropa kommt.
Die negative Inflationsrate im Herbst 2015 zeigt, wie weit Draghi von seinem Ziel einer durchschnittlich zweiprozentigen Inflation entfernt ist. Die Anleiheaufkäufe, ein weiteres Mittel, um Geld in die Märkte zu pumpen, werden beibehalten, ebenso die negativen Zinsen, welche den Banken für Einlagen bei den Zentralbanken berechnet werden. Allen Bemühungen der Banker vom Main passiert – nichts. Der einzige Markt, der blüht, ist der Immobilienmarkt. Auch wenn die Kaufpreise natürlich durch die erhöhte Nachfrage anziehen, hat dies keine Auswirkungen auf die Zinsen.
Ein kleines Signal kam jedoch aus den USA. Die FED-Bank erhöhte den US–Leitzins nach neun Jahren um 0,25% auf 0,5 Prozent. Der US-Arbeitsmarkt hatte sich prächtig entwickelt, was wiederum zu einer Erhöhung der Binnennachfrage führte. Dennoch droht den USA bereits wieder neues konjunkturelles Ungemach, was am Ende wiederum Auswirkungen auf die Politik der EZB haben könnte. China, weltgrößer Verbraucher von allem, verliert an Wirtschaftskraft.
Die Binnennachfrage sinkt, damit auch die Nachfrage nach Importgütern. Dies könnte wiederum zu einer schwächeren Auslastung fremder Volkswirtschaften, auch der USA führen, die dann wiederum mit höheren Zahlen der Beschäftigungslosigkeit zu kämpfen hätten. Das magische Viereck, das Gleichgewicht zwischen Vollbeschäftigung, Inflationsrate, Exporten und Wirtschaftswachstum, greift nicht nur auf nationaler Ebene – die internationale Verflechtung macht es zu einem Spiel auf mehreren Ebenen.
Gefahr der Hyperinflation
Draghi pumpt jeden Monat Milliarden in die Märkte, um Gelder für Investitionen bereitzustellen. Bis jetzt verpufft diese Intervention irgendwo im Nichts. Es bleibt jedoch das Risiko, dass diese Gelder irgendwann tatsächlich bei den Verbrauchern landen und dann tatsächlich in den Markt fließen – eine massive Preissteigerung, weit über die anvisierten zwei Prozent hinaus, könnte die Folge sein. Der Preisanstieg wäre dann der Grund für eine Anpassung der Zinsen. Diese Hypothesen sind jedoch Zukunftsmusik für eine noch recht ferne Zukunft. Widmen wir uns wieder unserem Jahresrückblick 2015.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet – lange Zinsbindung zu empfehlen
Die Worte von Friedrich Schiller hatten auch im abgelaufenen Jahr bei Baufinanzierungen ihre Berechtigung. Die Konditionen beim Baugeld waren eine offene Einladung an alle Finanzierer, sich zwar nicht ewig, aber doch so lange wie möglich zu binden.
Wer nicht die Möglichkeit hatte, seine laufende Finanzierung neu zu ordnen, war gut beraten, sich in diesem Jahr schon über Forward-Darlehen auch für die Zeit nach Ablauf der Zinsfestschreibung die historisch niedrigen Zinsen zu sichern. Es wäre jedoch fatal gewesen, zu glauben, dass es bei so niedrigen Zinsen kaum noch Unterschiede zwischen den Anbietern geben könnte.
Natürlich war wenig Spielraum für massive Ausreisser unter den Anbietern, aber es gibt durchaus Unterschiede. Stand 30.12.2015 lag der günstigste Anbieter bei einer zehnjährigen Zinsbindung bei 1,43 Prozent gebundenem Sollzins p.a., der teuerste Anbieter verlangte 2,1 Prozent p.a. gebundenen Sollzins.
Bei einem Finanzierungsvolumen von 150.000 Euro macht die Differenz immerhin 1.005 Euro im ersten Jahr aus. Bei 20jähriger Zinsbindung geht die Schere immerhin um 0,91 Prozent p.a. beim gebundenen Sollzins auseinander. In absoluten Zahlen würde dies in unserem Beispiel einen Mehraufwand von 1.365 Euro im ersten Jahr bedeuten.
Der Immobilienmarkt nimmt die Bauzinsen Entwicklung 2015 immernoch gelassen
Die Befürchtung der Experten, sogenannter und tatsächlicher, vom Jahresanfang, der Immobilienmarkt wäre nur noch eine Blase und würde im Jahr 2015 in nächster Zeit platzen, hat sich selbst als Blase herausgestellt.
Im Gegenteil, alle professionellen Akteure auf dem Immobiliensektor sind sich einig, dass es in 2015 ein gesundes Wachstum gab, die Mieten jedoch stärker gestiegen sind, als die Immobilienpreise selbst.
Natürlich haben die niedrigen Zinsen auf der Einlagenseite auf der einen Seite und die niedrigen Bauzinsen auf der anderen Seite einen Beitrag dazu geleistet, dass Bewegung im Immobilienmarkt herrschte. Von hektischen Aktivitäten oder irrationaler Preisbildung konnte jedoch nicht die Rede sein.